Die Farbvielfalt ist aus der heutigen Heim-und Nutztierwelt kaum noch wegzudenken. Sie ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Sie
verleiht unseren Haustieren ihren einzigartigen und individuellen Look. Wieviele Pferdebesitzer erkennen ihr Pferd von Weitem aufgrund der Farbe und Scheckung? Hier eine weiße Fessel, da eine Socke und unter dem Stern noch eine schmale Blesse und im Vergleich zum Nebenpferd ein viel stärkerer Fuchston. Sie geht Hand in Hand mit Zähmung und Fruchtbarkeit.
Doch kaum einer weiß, warum diese Gene so präsent sind, und vorallem welchem Prozess wir dies zu verdanken haben.
Ihr verdanken wir die Farbvielfalt unserer felligen Freunde :) Eines der häufigsten Farbgene, welches durch die Domestizierung aktiviert wird ist das Scheckungsgen. Weshalb es, wie bei fast allen Tierarten, auch bei der Rennmaus eines der ersten Gene war, dass sich entwickelt bzw. gezeigt hat.
Doch wie geschieht das? Wissenschaftler konnten mittlerweile belegen, dass ein hoher Adrenalinspiegel im Blut der Wildtiere die versteckten Farbgene inaktiv hält. Erfolgt nun eine Selektion, die sich auch immer auf die Zahmheit gegenüber dem Menschen richtet, sinkt dieser Spiegel ab und die Farbgene können aktiviert werden. In weiterer Zucht setzen sich natürlich diese nun zahmeren Tiere durch und die neue Farbvielfalt wird weitergegeben und verstärkt.
Auch bei der Rennmaus ging diese Entwicklung sehr schnell (gefördert selbstverständlich auch durch den schnellen Generationswechsel) von Statten. Dauerte es erst einige Jahre bis Non-Agouti und die Scheckung erstmals ins Licht traten, so fielen die weiteren Farbgene eines nach dem anderen.
Unsere heutige Farbvielfalt basiert im Grunde auf 6 Hauptgenen, die die Bildung der Pigmentarten beeinflussen und einem Gen, welches die Wanderung der Melanozyten beeinflusst, dem Scheckungsgen.
Der A-Lokus
Agouti Bezeichnung im Genotyp A-
Die dominante Wildform des Genes. Es bewirkt eine Bänderung der Haare und somit eine Schattierung des Fells. Bei der Rennmaus sorgt es weiterhin für den weißen Bauch.
Non-Agouti Bezeichnung im Genotyp aa
Das Gen ist rezessiv, dh es muss reinerbig vorliegen, um im Phänotyp zur Ausprägung zu kommen. Es bewirkt die Einfarbigkeit des Haares und einen gefärbten Bauch.
Der C-Lokus
Vollausprägung Bezeichnung im Genotyp C-
Die dominante Wildform. Es bewirkt eine Farbausprägung in voller Intensität am gesamten Körper des Tieres.
Colourpoint Bezeichnung im Genotyp c(chm)/c(h)
Die rezessive Variante. Sie bewirkt eine Farbausprägung an den kältesten Stellen des Tieres (Acromelanismus). Die Jungtiere werden aufgehellt geboren und später bildet sich nur an den sogenannten "Points" die Farbe in voller Stärke aus, der Rest ist je nach Vorhandensein weiterer Gene aufgehellt oder fast weiß. c(h) ist hierbei die stärker aufhellende Form.
Anmerkung: cc wäre ein echter Albino, dies ist bei Rennmäusen jedoch unbekannt
Der D-Lokus
Vollfarbe Bezeichnung im Genotyp D-
Die dominante Wildform. Sie bewirkt die volle Farbintensität.
Verdünnung Bezeichnung im Genotyp dd
Die rezessive Variante. Sie bewirkt das Verklumpen der Pigmente im Haar. Dies hat einen aufhellenden Effekt. Daher auch die Namensgebung.
Der E-Lokus
Normal Farbe Bezeichnung im Genotyp E-
Die dominante Wildform. Sie sorgt für ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen schwarzem und gelbem Pigment. Das Haar hat hierduch eine dunkelgraue Basis.
Fuchs Bezeichnung im Genotyp ee
Die rezessive Variante. Sie bewirkt eine Verstärkung des gelben Pigments. Die Haarbasis wird gelbweiß.
Schimmel Bezeichnung im Genotyp e(f)
Eine weitere rezessive Variante. Sie bewirkt das Verblassen der Pigmente mit jedem Fellwechsel. Die Haarspitzen werden weiß, die Basis bleibt cremefarben. Beim Orangeschimmel ( e(f)e(f) ) ist die Besonderheit die Ausprägung phänotypischer Points. Die kältesten Stellen bleiben gefärbt. Dies ist jedoch unabhängig vom C-Lokus.
Der G-Lokus
Gelbanteil Bezeichnung im Genotyp G-
Die dominante Wildform. Sie erlaubt die Bildung des gelben Pigments Phäomelanin.
Silber Bezeichnung im Genotyp gg
Die rezessive Variante. Sie verhindert die Bildung des Gelbpigments. Das Haar wird Grau.
Der P-Lokus
Schwarzanteil Bezeichnung im Genotyp P-
Die dominante Wildform. Eumelanin wird ungehemmt gebildet. Dies beeinflusst die Augenfarbe, sowie auch die Fell- und Krallenfarbe. (Augen Schwarz, die Krallen dunkel und das Fell dunkel)
"Rotaugen" Bezeichnung im Genotyp pp
Die rezessive Variante. Eumelanin wird gehemmt. Die Augen werden rot, die Krallen hell und auch das Fell hellt auf, aus Schwarz wird zb Grau (Platin aa pp).
Der Sp-Lokus
Unifarben Bezeichnung im Genotyp spsp
Hier ist die Wildform rezessiv. Das Tier hat keine Scheckung.
Scheckung Bezeichnung im Genotyp Spsp
Die dominante Variante. Das Tier ist gescheckt. Der Bauch ist weiß, die Krallen sind immer hell, und die Grundfarbe wird in ihrer Intensität aufgehellt.
Die Wirkweise dieses Gens ist etwas ganz besonderes. Auch sind bis dato bei der Rennmaus 2 verschiedene Mutationen bekannt. Wer mehr darüber erfahren möchte, findet hier alles wissenswerte.
Das Dark Patched Gen (DP)
Dieses Gen ist dominant und an die Scheckung gebunden, denn es kann ausschließlich von Schecken getragen, gezeigt und vererbt werden. Seine wirkweise als dominantes Gen ließ sich sehr schnell und eindeutig daraus schließen, dass jede Maus, die dieses Gen trägt, auch irgendwo einen Patch hat. Auch wenn es nur ein kleiner gut versteckter Punkt ist. Echte Patches lassen sich von normalen Farbansammlungen im Fell ( häufig im Nacken hinter dem Kragen) nur eindeutig auf einem nackten Jungtier unterscheiden. Denn die Wirkung des Gens zeigt sich bereits in der Färbung der Haut.
Eine Verpaarung eines Unitieres aus einer DP Verpaarung mit einem Scheckentier aus einer DP freien Linie hat bisher keinen DP Nachwuchs gebracht. Jedoch zeigt sich ähnlich der Zucht von Starkschecken, dass Unitiere aus DP Linien gewisse Modifikatoren tragen können, die die Ausprägung von Patches fördern.
Das Gen bewirkt ein Rückgängigmachen der Scheckung im Fell. Dort wo das Gen seine Wirkung entfaltet, hat das Tier keine weißen Haare im Fell und die Grundfarbe liegt im unaufgehellten Original vor. Die beste optische Wirkung wird in Starkschecken erzielt, deren Grundfarbe auf Non-Agouti (aa) basiert.
Ich möchte hier auch das Gen erwähnen, welches für unseren Farbschlag Blau meliert verantwortlich ist. Meliert bedeutet, dass ein Tier mit der Grundfarbe Blau am ganzen Körper weiße Stichelhaare bekommt. Zudem bilden sich oft Points ( ähnlich dem Colourpoint) an welchen die Grundfarbe erhalten bleibt.
Zu Beginn nahm man an, dass diese Farbe durch eine zusätzliche Mutation am D-Lokus entsteht. Dass das Meliert an der rezessiven Mutation dieses Gens hinge. Im Genotyp ausgedrückt wurde es deswegen folgendermaßen geschrieben d(ti). Jedoch wurde dies immer fortwährend von Verpaarungen widerlegt. Das Gen muss eigenständig sein, denn auch eine Maus, die im Genotyp nicht reinerbig verdünnt (Dd) ist, kann sowohl "meliert", als auch "nicht meliert" vererben. Desweiteren kann die Eigenschaft vererbt werden, ohne dass das Tier selbst meliert ist, oder im Phänotyp die Farbe Blau (dd) zeigt.
Auch ist bisher unklar, ob dieses Gen dominant oder rezessiv wirkt. Vieles spricht für dominant denn klar ist, zur Ausprägung kommt es in jedem Fall.
Von den bisherigen Beobachtungen lässt sich schließen, dass Jungtiere, welche bereits im Alter von 10 Tagen "meliert" im Fell zeigen, reinerbig, und Jungtiere, welche erst mit ca. 8 Wochen umfärben, diesbzgl. mischerbig sind.
Zu einer Ausprägung im Phänotyp kommt es ausschließlich, wenn die Grundfarbe Blau vorliegt. Auf andere Farbschläge scheint das Gen keinen im Phänotyp erkennbaren Einfluss zu haben.
Nachfolgend Bilder der Grund- bzw. Standardfarben, um den Einfluss jedes Gens auf die Grundfarbe zu verdeutlichen.
Ich habe eine Einteilung auf Basis von Agouti und Non-Agouti getroffen, da die Auswirkungen doch signifikant unterschiedlich sind.
Der Strich - hinter den Buchstaben bedeutet, dass das Tragen der rezessiven Mutation für die Farbe nicht ausschlaggebend ist.
Und Bildbeispiele für die Wirkung des Dark Patched und Meliert sollen nicht fehlen.
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