Merkmalszucht ist die Zuchtmethode, die dem Großteil wohl am geläufigsten ist. Hier werden Tiere einer Rasse miteinander verpaart, die genetisch möglichst unverwandt sind, jedoch beide die gleichen gewünschten positiven Merkmale aufweisen. Die Hoffnung ist, dass die Nachkommen ebenfalls die gewünschten positiven Merkmale zeigen. Die Wahrscheinlichkeit hierfür variiert jedoch sehr stark und ist im Vergleich zu den anderen Methoden am geringsten, da hier eine große genetische Mischerbigkeit vorliegt, trotz äußerlich ähnlicher Merkmale.
Zeigen Nachkommen hieraus die gewünschten Merkmale ist auch hier die Unsicherheit groß, wie gut sie diese weitervereben.
Diese Methode bietet aufgrund der genetischen Mischerbigkeit keinen sicheren Aufschluss über Erbkrankheiten.
Diese Methode dürfte wohl eine der alltäglichsten in vielen Zuchten beliebiger Arten und Rassen sein. Und somit auch die am meisten missverstandene.
Hier werden Tiere miteinander verpaart (unabhängig vom Verwandtschaftsgrad), die sich in ihren Merkmalen ausgleichen sollen. Zum Beispiel soll das männliche Tier die negativen Merkmale des Weibchens mit seinen Positiven ausgleichen. Die Hoffnung hierbei liegt auf Nachkommen, die von beiden Seiten jeweils die positiven Merkmale aufweisen.
Diese werden dann bevorzugt zur Weiterzucht eingesetzt. Nicht selten ist in der nächsten Generation das Staunen groß, dass es nicht läuft wie geplant. Denn viele vergessen, dass die negativen Eigenschaften genetisch weiter vererbt werden, auch wenn sie in der ersten Generation nicht zu sehen sind. Sind negative Eigenschaften unerwünscht, darf kein Tier, welches diese zeigt, in der Zucht verwendet werden.
Die Definition ist für beide Begriffe die gleiche, nur die Verwendung variiert von Züchter zu Züchter.
Hier werden Tiere verpaart, die miteinander verwandt sind. Zb. Onkel/Cousine, Großeltern/Enkel usw. Um genau zu sein, bezieht sich jedoch der Begriff des Inzuchtwertes auf das Verhältnis zum Durchschnitt der Gesamtpopulation. Eine Art/Rasse mit kleiner Population hat also von vornherein einen höheren Inzuchtwert.
Ziel und Sinn dieser Zucht ist eine Reinerbigkeit von Merkmalen. Gehen Merkmale auf die gleichen Ahnen zurück, so sind sie genetisch möglichst gleich, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie sicher weiter vererbt werden ist größer.
Dies gilt im Positiven wie Negativen. Hier bietet sich erstmals die Gelegenheit auch über vorhandene Erbkrankheiten besseren Aufschluss zu kriegen.
Bei einigen Arten zeigt sich hier je nach Inzuchtwert auch die sogenannte Inzuchtdepression, welche sich in eingeschränkter Vitalität und Fruchtbarkeit äußert.
So bezeichnet man die Verpaarung von engen Verwandten, z.B. Eltern und Kind (Rückverpaarung) oder die Verpaarung von Halb- oder Vollgeschwistern. Dies kann sich über viele Generationen hinweg ziehen.
Diese Methode wird je nach Art selten oder sehr häufig angewendet. Durch diese Methode werden z.B. Erbkrankheiten ganz explizit getestet, da durch die hohe genetische Gleichheit die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Erkrankung deutlich höher ist, als bei anderen Zuchtmethoden.
Dieser Begriff wird gern verwendet, wenn Züchter meinen, dass sie Tiere verpaaren, deren Nachkommen einen sehr geringen Inzuchtwert aufweisen. Dies ist jedoch rein nach Definition falsch. Outcross bedeutet die Verpaarung zweier Tiere, die selbst zuvor aus Linienzucht hervorgegangen sind. Es bezeichnet also die Kombination zweier Linien, die durch die Inzucht zueinander selbst unverwandt sind. Zeigen die Linien, die positiven Merkmale, sind die Nachkommen eines solchen Outcross oft hervorragend. Durch die entstehende neue Mischerbigkeit, verfliegt der Effekt in weiterer Generation jedoch sofort wieder. Weshalb es hier sinnvoll ist, diese Outcross Generation in die jeweiligen Linien zurück zu ziehen.
Bei der Zucht von Rennmäusen und anderen Nagern kommen fast ausschließlich die Methoden der Inzucht und Inzestzucht zum Einsatz. Die Population der Rennmäuse stammt von sehr wenigen Ursprungstieren ab, weshalb der Inzuchtwert der Population von vornherein sehr hoch ist. Zudem leiden Nager nicht unter der sogenannten Inzuchtdepression. Mindert sich die Fruchtbarkeit oder Vitalität liegt das an der Festigung negativer Eigenschaften. Der Grad der Verwandschaft ist hier keine Ursache!
Bei Farbmäusen z.B. ist die genetische Reinerbigkeit für Experimente unabdingbar, und so sind hier Inzestverpaarungen über 25 Generationen und mehr keine Seltenheit.
Auch von großer Bedeutung ist der Outcross. Z.B. kann man sich aus einer Verpaarung 2 Linien ziehen, eine über den Vater, eine über die Mutter. Nach 4 bis 5 Generationen der Inzestzucht, sind die entstandenen Zweige der Linie so unverwandt zueinander, dass ein Zusammenführen dieser einen Outcross darstellt.
Der Grad der Verwandschaft ist kein Auslöser für das Entstehen einer Erbkrankheit. Die Gene treffen nicht aufeinander, stellen fest, dass sie verwandt sind und mutieren vor Schreck. In jeder Art/Rasse liegen negative Merkmale vor. Der Grad der Verwandtschaft hat nur Einfluss auf das Auftreten von Erbkrankheiten, da er die Wahrscheinlichkeit für das Zusammentreffen negativer Merkmale erhöht oder erniedrigt.
Ein niedriger Inzuchtwert kann je nach Krankheit diese Verschleiern. Dies ist im ersten Moment für das jeweilige Tier von Vorteil, da die Wahrscheinlichkeit, dass es selbst erkrankt aufgrund der genetischen Mischerbigkeit tatsächlich geringer ist. Auf lange Sicht nimmt es jedoch das Risiko für die Krankheit nicht aus der Linie/dem Genpool, denn es kann die genetischen Informationen für die Erkrankungen unbemerkt tragen und weiter vererben. Hier rührt auch der Trugschluss her, dass Mischlinge und co als so gesund gelten. Das Verschleiern von Erkrankungen ist für den Moment praktisch, jedoch keine Dauerlösung für gute Zucht.
Ein hoher Inzuchtwert kann für das einzelne Tier einen Nachteil bedeuten, wenn bei diesem die Krankheit in Erscheinung tritt. Jedoch ist hier langfristig eine Eliminierung aus dem Genpool möglich.
Je nach Erbkrankheit hat jede Form der Zucht ihre Vor- und Nachteile. Monogene Erkrankungen wie z.B. der Knickschwanz sind durch Inzucht einfach aufzudecken und zu eleminieren. Geringe genetische Gleichheit verschleiert hier wie bereits erwähnt oft für lange Zeit das Problem.
Anders ist es bei der Epilepsie. Hierfür müssen mehrere Gene zusammentreffen, wodurch die Wahrscheinlichkeit für Epilepsie bei der Verpaarung unverwandter Tiere höher ist. Die stärksten Epilepsie Fälle und Vererber, die mir aus den letzten Jahren bekannt sind, stammen z.B. von einem Versuch der Fremdverpaarung über 5 Generationen hinweg.
Wer Nager züchten möchte, muss die Klisches, die man in der Schule lernt zur Seite legen. Und egal wie simpel und gut die Theorie ist, mit jeder Verpaarung und jeder neuen Generation gibt es unendlich viele Faktoren, die man in die Wahl der Methode einbeziehen muss. Habe ich mir heute vorgenommen, die und die Tiere so und so miteinander zu verpaaren, können sich die Pläne morgen schon wieder ändern.
Und auch wenn diese Theorie die absolut notwendige Wissensgrundlage für jeden Züchter ist, ist es am Ende die richtige Portion Intuition und Bauchgefühl, die uns ans Ziel bringt ;)
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