Einen seriösen Züchter zu finden, ist auch heutzutage noch mit einiger Mühe verbunden. Angebotene Jungtiere im Internet finden, z.B. auf Websites speziell für den Verkauf von Tieren, ist sehr einfach. Bilder und Geburtsangaben sind auch schnell gesendet. Der große, aber entscheidende Unterschied liegt in den weiterführenden Auskünften, den Nachweismöglichkeiten und der zukünftigen Beratung. Schnell sind die Tiere erworben und können in der näheren Umgebung abgeholt werden, doch genauso schnell ist der Verkäufer nicht mehr erreichbar, wenn es Fragen oder gar Probleme gibt. Auch die unterschiedlichen Preise oder Schutzgebühren sind schnell bemerkt, doch wie kommen diese Zustande ? Ganz einfach, durch die Ausgaben, die der Züchter zum Wohle der Tiere tätig, oder eben auch nicht.
Was unterscheidet nun den seriösen Züchter vom vermeintlichen Züchter bzw. Vermehrer ?
Der Begriff Züchter ist in Deutschland nicht rechtlisch geschützt. Betiteln darf sich so jeder, der es möchte. Und dies wird jeder "Züchter" tun, haftet dem Begriff doch ein sehr vertrauensvolles Gefühl an.
Grundlegend züchtet jeder, der Tiere absichtlich miteinander verpaart, um daraus Nachwuchs zu erhalten. Egal ob er diesen Liebhaber verkauft, behält, oder als Futtertiere benötigt.
Der Unterschied liegt also nicht in einer Bezeichnung, sondern in Intentionen, Beweggründen, Handlungen und Bedingungen. Um diese zu erkennen, und so einen seriösen Züchter zu finden, müssen Sie bereit sein sich Zeit zu nehmen. Zeit um Seiten auf Homepages (sofern überhaupt vorhanden oder aktuell ) gründlich zu lesen und Zeit sich mit dem Züchter in persönlichem Kontakt auseinander zu setzen. Den persönlichen Kontakt (E-mail, Telefon, WhatsApp und co)möchte ich Ihnen sehr ans Herz legen, denn so wie Papier sind auch Internetseiten geduldig, und spiegeln nicht zwangsläufig die gelebten Bedingungen wieder.
Nachfolgend möchte ich Ihnen eine kleine Übersicht geben, anhand welcher "Checkpoints" sie seriöse Züchter identifizieren können.
Eine artgerechte Haltung
-Diesen Punkt sollten Züchter genauso erfüllen wie Liebhaber auch!
Wie sieht dies umgesetzt in einer Zucht aus ?
Zu bedenken gibt es, dass ein Züchter im täglichen Umgang ganz andere Ansprüche an die Haltung stellt. Z.B. ist es uns nicht möglich 40cm Einstreu in jedes Gehege zu geben, da wir sonst in 99% der Fälle die Jungtiere nicht finden würden ;) Für eine gründliche Wurfdokumentation ist dies jedoch sehr wichtig. Ein seriöser Züchter führt eine Wurfkontrolle, z.B. im Alter von 10 bis 14 Tagen nicht nur durch um Farbe und Geschlecht vorab zu bestimmen, sondern auch um frühzeitig zu erkennen, ob Jungtiere mit Deformationen im Nest liegen, ob das Muttertier mit der Versorgung von den Jungtieren zurecht kommt und somit alle Jungtiere wohl genährt sind, ob die Anzahl gleich bleibt oder ob Jungtiere zwischenzeitlich versterben. U.v.m. Von den Unmengen Abfall einmal abgesehen, da wir im Schnitt aufgrund der Anzahl der Renner im Terrarium alle 8 Wochen komplett sauber machen dürfen.
Unabhängig von der Streuhöhe und persönlichen Präferenzen sollte dennoch jeder Züchter grundlegende Bedingungen erfüllen:
- Keine Renner leben dauerhaft in Gehegen, die die Mindestgröße von 100x50cm unterschreiten.
Dies ist auch heute noch nicht selbstverständlich :( Ich habe schon selbst "Zuchtanlagen" gesehen, dort sitzen Familiengruppen auf 60x30x30cm oder 80x40x30cm, dauerhaft! Dies scheint bei vielen den Vorteil zu bringen, dass auf so kleinem Raum mehrere adulte Renner gehalten werden können, ohne dass es zu Streitigkeiten kommt. Zudem können so platzsparend möglichst viele Tiere gehalten werden.
- Eine Einstreuhöhe von 20cm sollte gewährleistet sein.
Denn darin findet man Jungtiere durchaus ;)
- Es gibt in den Zuchtgehegen mehrere Rückzugsmöglichkeiten für die Mutter und andere Familienmitglieder.
Gerade bei Folgewürfen wählt die Mutter gern ein Nest, welches vorerst getrennt vom bisherigen Familiennest liegt. Erst später dürfen die größeren Jungtiere und der Vater zu den ganz kleinen. Mangelnde Rückzugsmöglichkeiten können für sehr viel Stress beim Muttertier sorgen. Folge dessen ist oft ein verschleppen oder ständiger Nestwechsel der Jungtiere. Nicht selten bezahlen Jungtiere dies mit ihrem Leben - Kein Plastik, oder andere Gefahrenstellen im Gehege .
Die Verwendung von Laufrädern und Sandbädern, sowie die Nutzung von Wassernapf oder Nippeltränke, kann und darf jeder Züchter selbst bestimmen. Hier dürfen Erfahrung und tägliche Praxis entscheiden. Wir selber mussten z.B. die Erfahrung machen, dass es Gruppen gibt, dort sollte das Laufrad bei Jungtieren (zu deren Sicherheit ) herausgenommen werden. Oder vereinzelt Weibchen dazu neigen die Jungtiere im Sandbad zu gebähren, und das Nest erst später ausführlich zu gestalten, sodass Jungtiere im kalten Sand erfrieren können.
Ernährung
Zuchttiere sollten neben einer artgerechten Haltung auch entsprechend hochwertig ernährt werden. Immerhin ist die Aufzucht für die Mütter sehr Kräfte zehrend und die Jungtiere wollen auch gesund groß und stark werden.
- Körnermischung: für Zuchttiere und Jungtiere bieten gute Bezugsquellen Mischungen im Verhältnis 60:40 an, um den erhöhten Kalorienbedarf zu decken. Das Futter sollte von entsprechend hochwertigen Bezugsquellen stammen, was bei dem heutigen online Angebot kaum mehr eine Herausforderung darstellt. Wer sparen möchte, tut dies hier eindeutig auf Kosten der Tiere.
- Frischfutter: Den Familien wird täglich, oder zumindest mehrmals die Woche, Frischfutter angeboten. Dies sollte variieren, um eine gute Versorgung mit Mineralien und Vitaminen zu gewährleisten und den Rennern auch Abwechslung zu bieten. Das Lebensmittelgeschäft und der Garten bietet so einiges für die Renner, sodass deren Speiseplan nicht nur aus Gurke und Möhre bestehen muss. Eine entsprechend vielseitige Gewöhnung der Jungtiere, hat auch für Sie als späteren Körnergeber viele Vorteile :)
- Heu: dies sollte ebenfalls ständig zur Verfügung stehen, da es neben der Ernährung auch gern für den Nestbau genutzt wird, und wie Stroh und Zellstoff auch eine Beschäftigungsmöglichkeit bietet.
Leider verzichten einige Züchter (aus finanziellen Gründen?) auf die regelmäßige Gabe von Heu. - Wasser: Wasser ist vorallem für die Mütter während der Stillzeit sehr wichtig und sollte keines Falls fehlen. Viele nutzen eine Nippeltränke, wobei ich persönlich Näpfe hier für deutlich geeigneter halte. Nicht nur, dass die Jungtiere nicht direkt ihren Rücken verbiegen müssen, können am Napf mehrere Familienmitglieder gleichzeitig trinken, ohne sich um den Platz streiten zu müssen.
- Blüten/Kräuter/Blätter/Erlebnisfutter: diese sind meiner Meinung nach ebenso wichtig für eine ausgewogene Ernährung, vielfältige Gewöhnung und entsprechende Beschäftigung und Spaß an der Ernährung.
Nutzen Sie das Gespräch und fragen den Züchter was er füttert und was er Ihnen alles empfehlen kann :)
Die Herkunft der Zuchttiere/ Der Stammbaum
Ein seriöser Züchter züchtet ausschließlich mit Tieren, die selbst aus einer seriösen Zucht stammen!
Für eine langfristige gut durchdachte Zucht ist es notwendig, dass der Züchter einen Stammbaum und die Erfahrung anderer Züchter zu Hilfe/ als Grundlage hat. Ein Züchter kann nur dann Verpaarungen sinnvoll planen, wenn er einen Stammbaum der Elterntiere hat. Diesem entnimmt er nicht nur den Gencode für die möglichen Farben (hier stellt sich wahrscheinlich das größte Problem dar. Einige Züchter und vorallem auch Neuzüchter lassen sich von der Annahme verleiten, dass man sich als Züchter auf eine oder einige Farben spezialisiert und darin der Sinn der Zucht liege. Dem ist nicht so ... ) der Nachkommen, sondern auch Informationen über die Vorgehensweise der bisherigen Züchter im Stammbaum. Wie gut oder konsequent wurde die Linie durchzogen? Oder wurde viel eingekreuzt, und wenn ja warum? Können die Züchter mir darüber noch Auskunft geben? Wo traten welche Auffälligkeiten auf? In welchen anderen Zuchten finde ich die gleiche Linie, und wie verhält sie sich dort ? U.v.m.
Er selbst muss auch Stammbäume zu seinen Verpaarungen führen. Die meisten seriösen Züchter nutzen hierfür Renner Pro (ein spezielles Programm, welches für Züchter von Kleintieren geschrieben wurde, in dem neben den Stammbäumen auch noch viele weitere Bemerkungen gespeichert und an andere Züchter weitergegeben werden können). Die Herkunft der Tiere von seriösen Zuchten sorgt auch dafür, dass die Züchter untereinander in ständigem Austausch stehen, und so gemeinsam voran kommen. Eine seriöse Zucht kann man langfristig nicht allein führen!
Ich möchte hier ein paar kleine persönliche Anmerkungen machen, die mich in letzter Zeit beschäftigt haben.
Mir sind durch Empfehlungen auf Facebook Internetseiten begegnet von dessen Züchtern ich und Freunde in mehreren Jahren noch nichts gehört haben, die es aber laut der HP schon länger gibt. Ebenfalls waren auf den Seiten keine wirklichen Zuchtziele oder dergleichen erläutert. Und was mich noch mehr verwundert- die Zuchttiere sind ohne Angabe eines Zuchtnamens und ohne Vermerk ihrer Elterntiere/ Abstammung aufgeführt. Dies ist mir persönlich sehr suspekt. Denn wer sich die Zeit nimmt die Zuchttiere auf der HP vorzustellen, hat auch die paar Sekunden mehr, um die Abstammung und den Zuchtnamen zu vermerken. Für Sie als Liebhaber und Interessierte ist dies wie oben beschrieben ein einfaches erstes Anzeichen für eine seriöse Zucht, und für andere Züchter ist dies interessant. Ich persänlich finde es genauso interessant in anderen Zuchten Verpaarungen und deren Abstammungen nachverfolgen zu können, wie ich es interessant finde meine Überlegungen und Pläne umzusetzen.
Sollte jemand für diese fehlenden Informationen eine vernünftige Erklärung haben, dann bitte lasst mir diese zukommen :)
Zuchtziele
Das A und O!
Erkundigen Sie sich warum der Züchter angefangen hat und was seine Ziele sind.
Gegebenenfalls werden Sie einen Unterschied feststellen zwischen den Zielen und Vorgehensweisen von Neu- und Altzüchtern.
Wirken die Erläuterungen seriös und sinnhaft, oder stört sie etwas? Es ist legitim bei diesem Punkt sein persönliches Moralempfinden mitreden zu lassen. Da Sie als Abnehmer den Züchter unterstützen, sollten Sie auch mit seiner Zucht und deren Philosophie konform gehen :)
Gesunde und schöne Renner züchten ist kein Ziel. Diese Kriterien sollte eine Maus als Voraussetzung bereits erfüllen, bevor sie zur Zucht eingesetzt wird. Die Gesunderhaltung oder Verbesserung einer Line/eines Farbschlags, und die Verbesserung oder Festigung eines bestimmten äußeren Merkmales sind Ziele.
Ziele können sich unterscheiden, und doch sollten sie gemeinsam haben, dass der Züchter seinem optischen Ziel auch immer ein gesundheitliches Ziel überordnet.
Die Abgabe
Die Jungtiere, die zu Vergesellschaftungszwecken ausziehen, verlassen den Familienverband nicht vor der 8ten Woche. Jungtiere, die gemeinsam ausziehen, dürfen mindestens 10 Wochen im Familienverband bleiben. Zur seriösen Zucht gehört auch eine bestmögliche und lange Sozialisierung der Nachkommen. Dies kann Ihnen später einige Probleme im Sozialverhalten ersparen. Zudem bekommt der Züchter einen besseren Einblick in das Sozialverhalten seiner Linien.
Der Züchter gibt Ihnen die Tiere nur in geeigneten Transportboxen mit, da ihm das Wohlbefinden der Tiere wichtiger ist, als der Verkauf.
Der Züchter hat Abgabebedingungen an Sie, die er auf seiner Homepage führt, oder die er Ihnen zumindest vorab mitteilt.
Die Mitgabe eines Schutzvertrages sehe ich nicht als ein Zeichen für Seriösität. Dank unserer Rechtssprechung ist das Papier mehr Wert als der Wortlaut darauf. Weshalb es sich theoretisch nur um bürokratischen Mehraufwand handelt. Viele Züchter setzen auf den Schutzvertrag, da dieser zumindest moralisch eine Selektion und Verpflichtung bietet. Warum Selektion? Weil die Person, die vorhat meine Abgabebedingungen zu erfüllen, auch kein Problem damit hat dies schriftlich zu bestätigen. Ist jemand nicht damit einverstanden dieses moralische Schriftstück zu unterzeichnen, kann ich mich auch nicht darauf verlassen, dass er diese grundlegenden Richtlinien und Bitten erfüllt.
Anmerkung: das Vorkaufsrecht und das Verbot das erworbene Tier zur Zucht zu nutzen, sind rechtlich durchsetzbar!
Nach der Vermittlung
Ein seriöser Züchter berät Sie nicht nur vorab, sondern ist auch nach der Vermittlung jederzeit noch ein Ansprechpartner. Zudem sollte er auch weiterhin an seinen Nachkommen interessiert sein, d.h. er wird Sie zumindest darum bitten bei Problemen und Erkankungen Bescheid zu geben.
Die Schutzgebühr
Der Züchter verlangt eine angemessene Schutzgebühr. Ist diese deutlich niedriger als bei anderen Zuchten, sollten Sie sich fragen warum. Die Schutzgebühr dient einerseits als "Werttausch", der dem Tier bei Übergabe zugeschrieben wird, andererseits deckt er einen Teil der Kosten, die ein Züchter für seine Zucht aufbringt. Kein Züchter, der auf Qualität (Futter/Zubehör ) achtet, wird Ihnen ein Jungtier für 15€ anbieten.
Schlussworte
Einen seriösen Züchter als blutiger Anfänger zu erkennen, ist nicht leicht, und Fehler hier werden in der Regel verziehen, sofern Sie eben bereit sind aus gemachten Fehlern (glauben Sie mir, die haben wir alle schon gemacht ) zu lernen. Nehmen Sie sich Zeit! Auch wenn der Wunsch nach den neuen Mitbewohnern schnell gefasst ist und Sie die Umsetzung kaum abwarten können. Sie können sich mit ein wenig Mühe und Geduld eine Menge Probleme und Ärger ersparen :)
Und bitte, wenn ihr Bauchgefühl Ihnen Nein sagt, hören Sie darauf. Auch wenn Sie schon beim Züchter zur geplanten Abholung stehen. Wenn sich vor Ort herausstellt, dass dort etwas nicht seriös vonstatten geht, teilen Sie dies dem Züchter mit (im besten Fall führt es dazu, dass dieser entsprechnde Änderungen vornimmt ) und verzichten Sie auf den Erwerb der Tiere.