Fellvariante REX

Woher die Locken kommen...

Unter dem umgangssprachlich genutzten Begriff  "Rex" verbergen sich verschiedene genetische Varianten.

So wie auch bei anderen Merkmalen wie der Scheckung, Verdünnung oder Silber können sich verschiedene Gene, die sich in ihrer Funktion und Wirkung unterscheiden, äußerlich sehr ähneln.
Bei der Rennmaus lagen zu Beginn (ca. 2007 - 2010) der Entstehung 2 Varianten vor. Das sogenannte "Wavy" und das "Rex". Entgegen der Bezeichnung unterschieden sich die beiden Formen darin, dass Rex im Jungtieralter eine starke Wellenoptik verursacht, und im Adulten Fell nur noch schwer zu erkennen ist, da es eher die Struktur beeinflusst, statt zu Locken. Auf die Tasthaare hat es einen sehr geringen Einfluss, da diese sich mit dem Alter wieder glätten. Wavy hingegen war bei den Jungtieren schwerer zu erkennen und zeigte hingegen im adulten Fell deutliche Locken und gewellte Tasthaare. Hier traten auch die bekannten Probleme mit den Tasthaaren an den Augen auf.

So wie es bei neuen Mutationen üblich ist, wurden Testverpaarungen gemacht, um die Vererbung und Eigenschaften zu klären. So zeigte sich nach einiger Mühe, dass Rex dominant vererbt wird, und Wavy rezessiv ist. Zum Nachteil der Züchter entpuppte sich jedoch gerade das Wavy als der Übeltäter, den man aufgrund der negativen Auswirkungen wieder loswerden wollte. Dies ist gelungen, denn heute fallen keine Lockenmäuse mehr aus glatthaarigen Verpaarungen :) Das "bessere" Rex wurde erhalten.

Aus Verpaarungen von Rex x Rex Tieren fielen reinerbige Jungtiere, die im ersten Fellwechsel kahle Stellen aufwiesen, oder zeitweise ganz das Fell verloren. Aus Verpaarungen von Rex x Wavy fielen Jungtiere, die ganz nackt waren, oder die massiv deformierte Vibrissen aufwiesen. Somit war sehr schnell klar, dass nur eine Weiterzucht mit dem Rex in Frage kommt und dies auch nur mit Nicht-Rex Partnern, sodass keine reinerbigen Rex Tiere mehr fallen konnten.


Hier möchte ich auch explizit ein Dankeschön an die Züchter vor mir aussprechen, die nicht einfach das Handtuch geworfen haben, sondern mit viel Geduld Rexlinien gezogen haben, die glatte Tasthaare im adulten Alter aufweisen, und sich so dafür eingesetzt haben, aus diesem Gen eine Fellvariante statt einer Qualzucht zu machen.

Erscheinungsbild

 Die Tiere haben deutlich längeres, vom Körper abstehendes oder gewelltes Fell. Die Ausprägung variiert je nach Alter und mit dem Fellwechsel des Tieres.
Neben dem Fell sind auch die Sinneshaare der Jungtiere gewellt. Dies verwächst sich jedoch mit dem Alter! Das adulte Tier hat glatte, nicht gewellte Tasthaare. Ausschließlich kurze tief liegende Tasthaare sind ggf. noch leicht gebogen.

Im Jungtieralter

Bereits zur Wurfkontrolle mit ca. 10 Tagen lassen sich die Rex Jungtiere durch die gekräuselten Tasthaare von ihren Geschwistern unterscheiden. Im Alter von ca 3 bis 8 Wochen ist die Ausprägung wohl am stärksten. Die Tasthaare sind noch gewellt, das Fell am ganzen Körper schlägt sichtbaare Wellen und Kräusel. Alles in allem sehen die Jungtiere nun aus als hätten sie die Nase in eine Steckdose gehalten ;)

In hellem Fell...

... sind die Locken und Wirbel am deutlichsten zu erkennen. Auch non agouti (aa) scheint eine gute Basis zu sein, da hier kein Ticking das Bild der "Locken" verzerrt.

Im Erwachsenenalter

 Die Ausprägung variiert mit dem Fellwechsel und Alter der Maus. So erscheint das adulte Fell vorallem dichter und filziger, nicht mehr nur wellig. Jedes Tiere hat  individuelle Wirbel, zb. auf dem Rücken oder der Stirn, die für eine ganz persönliche Sturmfrisur sorgen ;) Die Tasthaare sind nun wieder geglättet.

Ein Ausflug in das "Qualzucht" Gutachten

Die Aussage "Das ist Qualzucht" geht einem schnell von den Lippen. Oftmals jedoch auch zu schnell...
Kritik im Sinne des Tierschutzes ist immer angebracht. Egal ob es um Haltungsbedingungen oder Mutationen geht. Jedoch ist hierfür eine genaue Einzelfallbetrachtung, ein Moment Geduld und eine große Portion Genetikwissen von Nöten.

Für Nager gibt es keinen Abschnitt in dem
Gutachten zur Auslegung von §11b des Tierschutzgesetztes, sodass auch hier wieder ein Blick über den Tellerrand von Nöten ist.
Aufgegriffen wird das Thema Rex unter der Rubrik Katzen. Rassen wie die Devon oder German Rex sollten allgemein bekannt sein. Wie eingangs erwähnt liegen dem Begriff "Rex" verschiedene Gene zugrunde. Bei den genannten und im Gutachten erfassten Katzenrassen handelt es sich um rezessive Varianten. Bei der Rennmaus lag zu Beginn ebenfalls eine rezessive Variante vor, das oben erläuterte "Wavy", das die benannten Probleme verursacht hat und aus der Zucht ausgeschlossen wurde. Die Variante, die heute vorliegt ist dominant.

Die genannten Katzenrassen stehen im Gutachten, weil das Haarkleid in Länge und Dichte stark beeinflusst ist. Das Fell ist deutlich kürzer, sehr stark gewellt, zeitweise treten kahle Stellen auf und bei einer Form fehlt das Deckhaar. Auch die Tasthaare sind nicht einfach nur gewellt, sondern extrem (teilweise um mehr als die Hälfte) verkürzt.

All das ist bei der Rexvariante, die unsere Rennmaus "lockt", nicht der Fall. Das Fell ist länger, es fehlt kein Deckhaar, es bricht nicht wegen Keratinmangel, die Tasthaare sind nicht verkürzt, und bei sorgfältiger Zucht ( die nicht ins extreme strebt) am Ende nicht mal mehr stark gewellt.

Eine Definition als Qualzucht aufgrundlage wissenschaftlicher und öffentlicher Publikationen im Rahmen des Tierschutzes kann heute für die Rennmaus mit Rexkleid nicht mehr pauschal erfolgen.


Was jedoch unstreitbar in die Definition rutschen würde, wäre die Zucht gezielt auf reinerbige Tiere ( Rex x Rex Verpaarungen), oder eine Selektion, die dazu führt, dass sich die Tatshaare massiv wellen oder verkürzen. Auch ein erneutes Auftreten des Wavy würde die Kriterien des Qualzucht Gutachtens erfüllen.


Disclaimer: Diese Einschätzung erfolgt auf Grundlage der Rexlinien, die seit vielen Generationen in Hand seriöser Züchter sind (Deutschland, Niederlande, Frankreich). Linien, die ich bei Kollegen verfolget habe, zu denen mir alle Fragen ehrlich beantwortet wurden, und aus denen ich mit eigenen Augen die Tiere gesehen und aufgrund des positiven Eindrucks gezüchtet habe. Mit allen Besitzern unserer Rex Jungtiere stehe ich aktiv in Kontakt, da hier ein zusätzliches Augenmerk meinerseits auf deren langfristige Fellentwicklung liegt.

Die Einschätzung muss nicht zwangsläufig auf Linien zutreffen, die mir allgemein unbekannt sind, und bei denen auf genannte Punkte in der Zucht kein Wert gelegt wurde!

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