Vergesellschaftung

Die Vergesellschaftung

Früher oder später trifft es einen jeden Rennmaushalter. Ein Renner muss vergesellschaftet werden!
Die Gründe hierfür können vielseitig sein. Sei es dass ein Partner aufgrund von Krankheit oder Alter verstirbt, oder eine Gruppe aus diversen Gründen nicht mehr stabil ist.
Da man als Halter um solche Umstände nicht herum kommt, empfehle ich es Jedem sich mit dem Thema selbst auseinander zu setzen und Vergesellschaftungen auch selbst durchzuführen. Der Gewinn für die eigene Erfahrung ist so größer, als wenn man diese Verantwortung immer in andere Hände gibt. Züchter und Pflegestellen stehen immer beratend zur Seite und können einer Vergesellschaftung (VG) auch aus der Ferne mit Rat zur Seite stehen.

Nach einem Todesfall

Auch wenn ein Rennerduo ein Leben lang glücklich zusammen gelebt hat, kommt der Tag an dem einer früher über die Regenbogenbrücke geht als der Partner.
Wichtig in diesem Fall ist, dass sie dem Partner die Möglichkeit geben sich zu verabschieden und sich des Todes des Partners "bewusst" zu werden. Sollte es z.B. notwendig sein die Maus beim Arzt erlösen zu lassen, weil sie sich quält, nehmen sie auch hier die Partnermaus mit und nehmen beide zusammen mit nach Hause. Das "versteht" die Maus besser, als ein plötzliches Verschwinden des Partners. Oft werden die Sterbenden auch noch bis zum Schluss von ihren Partnern umsorgt. Auch müssen Sie der verbleibenden Maus ausreichend Zeit zum Trauern geben. Hier sind wenigstens 14 Tage angebracht.
Nach der Trauerphase stellt sich meist die Frage nach dem Alter des neuen VG Partners.
Hier hängt es vom Alter und vorallem auch vom Charakter der Maus ab. Eine Möglichkeit wäre eine VG mit einem gleichaltrigen Partner. Dies bietet sich an, wenn die Maus selbst noch eine gute Zeit Lebenserwartung hat und bisher ein gutes Sozialverhalten gezeigt hat. Alternativ kann auf ein Jungtier zurück gegriffen werden, wenn die Maus sehr dominant ist, oder man über ihr Sozialverhalten noch nicht viel weiß.
Ich möchte die VG mit 2 Jungtieren nicht unerwähnt lassen. Handelt es sich um eine doch recht alte und gesittete Maus, würde ein einzelnes Jungtier sie überfordern. 2 Jungtiere können ihren Spieltrieb gemeinsam ausleben und bieten der Altmaus so etwas mehr Ruhe. Sollte die Maus ggf. durch ihr Alter auch nur noch eine Lebenserwartung von 6 bis 12 Monaten haben ( ich weiß, dies lässt sich nur sehr schwer schätzen), empfiehlt sich ebenfalls eine VG mit 2 Jungtieren. Erfahrungsgemäß werden junge Mäuse oft zu Problemfällen, wenn sie in der Teenagerzeit und der damit verbundenen Phlegelphase den Partner verlieren. Sollte die Altmaus in diesem Zeitraum versterben, steht so keine VG an. Jedoch ist hier dann auch vorsicht geboten, da die beiden Jungtiere ihre Rangordnung ggf. neu ausfechten.

Nach einem Streit

Zuerst muss geklärt werden ab wann man bei einem Streit wie einschreiten kann. Diese Problemstellung ist oft schwieriger als eine VG selbst, und bedarf einer großen Portion Bauchgefühl.
Nach nun doch einigen Jahren der Rennerhaltung teilt mein Bauchgefühl diese Situationen grob in 2 Kategorien ein. Die erste: Man erwischt die Renner dabei, wie sie sich Boxen oder Jagen, dabei aber auch immer wieder Pausen einlegen. Wenn man Glück hat erkennt man bei diesem Verhalten z.B. den ursächlichen Gegenstand. Es kann z.B. ein Streit um das Laufrad sein. In diesem Fall kann man schnell Abhilfe schaffen indem man den Gegenstand oder alle Gegenstände entfernt, oder die Fläche verkleinert. Solche Situationen können während der Hitze oder den Phlegelphasen auftreten, wenn die Renner ihre Rangordnung noch ein wenig austesten. Ich persönlich würde in solchen Situationen die Mäuse nicht trennen. Das könnte das Problem nämlich vergrößern.
Auch nicht trennen würde ich, wenn die Auseinandersetzung beendet und geklärt ist. Sollten Sie feststellen, dass eine Maus oder beide Bisswunden haben, aber die Harmonie wieder hergestellt ist, greifen sie nicht ein. Dann hatten Sie Glück und die Mäuse konnten den Streit klären und beenden.
Wann sollten Sie eingreifen ? Eingreifen sollten Sie, wenn zuvor erwähnte Situation erneut auftritt, oder Sie eine blutige Auseinandersetzung direkt bemerken.
Gibt es einen Jäger und einen Gejagten kann es reichen die beiden vorerst durch ein Trenngitter (TG) vom direkten Kontakt abzuhalten. Beruhigt sich die Situation am TG nicht und scheitert eine Entfernung des TG sofort, sind auch diese Mäuse vorerst vollständig voneinander zu trennen. Der Versuch einer Re-VG macht hier Sinn.
Ist zu erkennen, dass es sich um 2 dominante Jäger handelt, die beide aufeinander los gehen, empfiehlt sich eine sofortige vollständige Trennung. Eine Re-VG scheitert hier in den meisten Fällen und gehört nicht in die Hände von VG-Anfängern. Hier macht es Sinn solch eine VG an erfahrene Halter oder Züchter abzugeben.

Die Vorbereitung

Egal aus welche Ausgangssituation ihre Maus kommt, wichtig ist eine ordentliche Vorbereitung auf eine zukünftige VG.
Viele Halter sind beim Separieren der Mäuse nach einem Streit nachlässig und können sich somit die Chancen auf eine erfolgreiche VG verbauen. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass die Mäuse sich nicht erinnern, ist es doch immens von Vorteil den Mäusen einen Cut vorzusetzen. Setzen Sie die Parteien für ca. 14 Tage jeweils in kleinere Gehege vollständig getrennt voneinander. D.h. im Idealfall auch außer Hör- und Riechwiete. Streuen Sie das Gehege komplett frisch ein und reinigen Sie Gegenstände gründlich, bevor Sie diese in das Gehege stellen. Holzgegenstände kann man einfach im Ofen ausbacken, Ton und Metallgegenstände mit Desinfektionsmittel gründlich reinigen und gut abspülen. Das vorrübergehende Gehege sollte keine Gerüche aus der ehemaligen Gruppe enthalten!
Selbiges gilt, wenn die Mäuse gemeinsam ans TG gehen. Alles erneut ausbacken und abwaschen und frisch einstreuen. Die Mäuse sollen im VG Becken nicht ihren Eigengeruch mitbringen, sondern einen neuen gemeinsamen Gruppengeruch aufbauen.

Das VG Becken

Am einfachsten ist die Verwendung eines ehemaligen Aquarienbeckens. Die Maße können hier variieren von 60x30 bis 100x40 Formaten. Für ein solches Becken lassen sich Trenngitter und Abdeckung sehr einfach anfertigen. Ebenso ist die Handhabung und Reinigung entsprechend einfach.
Wie zuvor erwähnt, ist es wichtig, dass zur VG alles frisch und in Bezug auf die Mäuse geruchsfrei ist. Jede Maus bekommt eine Seite. Das Einstreu braucht nicht besonders hoch sein, jedoch sollte jede Maus ein Versteck haben, indem sie ein Nest bauen kann. Oftmals wird empfohlen keine Einrichtung zu verwenden, jedoch finde ich persönlich, dass ein Versteck den Mäusen Sicherheit gibt und so z.B. bei ängstlichen Mäusen der Stressfaktor reduziert werden kann. Bei sehr aufgeregten Mäusen kann man ein Laufrad in das VG Becken stellen. Über die Gabe von Heu während der VG kann man sich streiten. Aber der starke Eigengeruch kann die VG ggf. stören. Geben Sie viel Material zum zerknabbern rein, so können die Mäuse ihre Aufregung abbauen.

Die Trenngitter Methode

Beobachten Sie das Verhalten der Mäuse am Gitter. Plustert sich einer auf, klopft einer, fiepst einer , oder sitzen sie entspannt nebeneinander und beschnuppern sich? Können Sie aufgeregtes oder drohendes Verhalten beobachten, sollte dies über den Zeitraum der VG abnehmen, bis die Renner stressfrei am Gitter aufeinander treffen. Solange wie ersteres beobachtet werden kann, sollte das Gitter nicht entfernt werden. Der Sinn der TG Methode ist es, dass sich zuerst ein neuer Gruppengeruch aufbaut und die Mäuse lernen sich mit dem Partner ein gemeinsames Revier zu teilen. Damit dieser Geruch entstehen kann, werden regelmäßig die Seiten gewechselt. Einige Seiten empfehlen ein mehrmaliges Wechseln am Tag. Ich persönlich wechsel jedoch nur 1 mal täglich, da jeder Wechsel Stress bedeutet und ich diesen so gut wie möglich vermeiden möchte bei einer VG. Beim Wechsel sollten Sie darauf achten wie die Mäuse mit dem Nest des Gegenübers umgehen. Zerstören sie es, ist das ein Zeichen, dass noch keine Zusammenführung möglich ist. Erst wenn beide Mäuse die selben Nester benutzen, herrscht Sympathie.
Den richtigen Zeitpunkt zum Entfernen des Gitters muss ihr Bauchgefühl finden. Entfernen Sie das Gitter nicht direkt aus dem Gehege, sondern heben Sie es nur an, oder stellen es schräg, sodass Sie es bei Bedarf direkt wieder zwischen die Mäuse stellen können. Alternativ empfiehlt es sich auch dicke Handschuhe anzuziehen, mit denen man die Mäuse im Notfall ( bei einem Kneul) wieder trennen kann, ohne selbst größere Bisswunden davon zu tragen.
Oftmals kommt es vor, dass beim ersten Versuch noch kurz gejagt oder geboxt wird, oder die Mäuse noch sehr unsicher aufeinander regieren. Sind Sie noch nicht so geübt, können Sie jederzeit das Gitter nochmal zwischen die Mäuse stellen. Lieber 1 bis 2 Tage länger als nötig am Gitter, als 1 zu wenig...
Ist die VG geglückt und die Renner haben friedlich eine Rangordnung gefunden und schlafen bereits schon gemeinsam in einem Nest, sollten Sie das neue Duo noch ein bis zwei Wochen im VG Becken lassen und täglich neue Gegenstände hinzugeben. Bleibt dies friedlich dürfen die Renner in ihr endgültiges Gehege ziehen. Hier bitte nichts frisch machen, sondern das Streu und die Gegenstände aus dem VG Becken übernehmen.

Ich rate davon ab die Mäuse zur Zusammenführung aus dem Gehege heraus zu nehmen. Dies kann das Ergebnis und das Verhalten verfälschen. Oftmals erscheint die VG geglückt und beim Zurücksetzen ins Becken kommt es dann doch zu Streit, weil die Mäuse sich dann wieder auf ihrem Revier befinden. Ebenfalls kann eine ängstliche Maus den Stress oder einen Schreckmoment auf dem neutralen Boden negativ mit dem Partner verbinden.

Kleinraum Methode

Hier werden die Mäuse auf frischem Streu in einem kleinen Becken direkt zusammen gesetzt. Diese Methode bietet sich z.B. bei der VG von 2 Jungtieren an. Ist die VG geglückt und die beiden Jungtiere verstehen sich, beitet es sich an auch hier auf Nummer Sicher zu gehen und erst in diesem Becken Gegenstände dazu zu stellen und zu schauen wie die beiden darauf reagieren, bevor man sie direkt in das eigentliche Gehege setzt.

Andere Methoden

Weitere Methoden die man online findet, oder leider teilweise noch von dem ein oder anderem Züchter propagiert werden, sind abzulehnen.
Ein Bsp. wäre die VG in einer Transportbox. Dies ist einfach schrecklich. Die Tiere werden auf engstem Raum und unter Stress gezwungen miteinander auszukommen. In solchen Situationen ist dem Tier das Überleben wichtiger als alles andere und so glückt diese Methode leider viel zu oft. Diesem Stress sollte kein Tier ausgesetzt werden!

Anmerkungen

Ratschläge zu diesem Thema sind immer auch mit persönlichen Erfahrungen verbunden. Es kann durchaus Kleinigkeiten geben, in denen sich solche Empfehlungen und Tipps unterscheiden. Im Großen und Ganzen jedoch sollten die Grundlagen identisch sein. Ich erhebe an dieser Stelle keinen Anspruch auf Vollständigkeit ( hier wäre gar nicht der Platz jede Situation zu beschreiben) oder Richtigkeit. Was hier gut funktioniert, kann woanders schief gehen. Deswegen, haben Sie Fragen wenden Sie sich mit der ausführlichen Schilderung Ihrer Situation an langjährige Züchter oder Pflegestellen. Diese werden Ihnen so gut es Ihnen möglich ist, helfen :)
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